Inmitten von Bewegung und Chaos – Halte die Stille in Dir
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14. März 2025Die Dankbarkeitsmeditation ist eine der grundlegenden und ältesten Meditationen des Buddhismus, und ebenso ist sie im Schamanismus bekannt und wird da praktiziert.
Im Grunde genommen ist sie ganz einfach: Es geht darum, Dankbarkeit für das zu empfinden, was man hat, und für das, was im eigenen Leben und in den Berührungspunkten mit allem Leben überhaupt gut ist.
„Jaja“ wird da so manch einer sagen, „ist ja prima, mit dem Auto bin ich zufrieden und das Wetter ist auch schön, aber…“ und dann kommt eine ganze Latte von all den Dingen, die man auch noch möchte und solche, die man anders haben will und all die, die einen echt aufregen.
Also, so ist das nicht gemeint.
Im Kern geht es darum, sich bewusst zu werden oder immer wieder neu bewusst zu sein, was man an positiven Werten in seinem unmittelbaren Leben hat.
Das können materielle Werte sein, und zwar angefangen bei den ganz simplen, die uns absolut selbstverständlich geworden sind: ein Bleistift, eine Tasse, die Kaffeemaschine, der Hausschlüssel, ein Wasserhahn, aus dem immer verlässlich heiß und kalt fließt, bis hin zu den materiellen Dingen, die allgemein als „etwas Größeres“ verstanden werden – das Auto, vielleicht ein guter Kontostand, eine Urlaubsreise, ein neuer Boden im Wohnzimmer. Noch grundlegender aber sind es Dinge wie „genug zu essen“ und „Dach über dem Kopf“ – Dinge, die für einen leider noch immer sehr großen Teil der Bevölkerung dieses Planeten nicht selbstverständlich und gegeben sind. Es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen, die morgens, wenn sie aufstehen, keineswegs wissen, wo sie sich nachts denn diesmal wieder hinlegen zum Schlafen, geschweige denn, mit was sie sich wohl zudecken. Das, was in unseren Breitengraden also ganz normal geworden ist, ist durchaus etwas „sehr Gutes“ in unserem Leben.
Genauso aber gibt es viele immaterielle Werte, die wir in unserem Leben „haben“. Menschen, die wir mögen, gute Beziehungen, Freunde, kein Streit mit dem Nachbarn, in einem Land leben, in dem Frieden herrscht, also keinen Bomben auf dem Kopf, keine Schüsse, keine unmittelbare Todesgefahr. Gesundheit, die Tatsache, dass wir sehen können, ein Lächeln vom jemandem, ein aufmunterndes Wort oder ein SMS, das gerade richtig kommt – alles Dinge, die „gut“ sind. Innere Ruhe, etwas geschafft haben, ein Moment des Glücks, eine echte Begegnung mit einem anderen Mensch, oder manchmal mit einem Tier, ein Moment der Stille und der Zufriedenheit – auch all das ist „gut“.
Wir tendieren dazu, dieses Gute als gegeben zu nehmen. Manchmal bemerken wir es, manchmal geht es im Alltag unter. Wir tendieren dazu, unsere Gedanken und unsere Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was Veränderung oder Verbesserung bedarf, all die „ja schon gut, aber…“ in unserem Leben.
Das ist, auf der einen Seite, nicht schlecht. Der Mensch strebt immer vorwärts, will Verbesserung, will mehr, will erreichen, schaffen, haben – und solange das nicht in Gier ausartet, wo „immer mehr“ zu Religion wird und das Maß des Verhältnisses zur Realität sich dem Unendlichen annähert, solange ist dieses Streben nicht schlecht, denn es motiviert, es bewegt, es treibt uns an und bringt uns voran. Und dabei ist es ganz natürlich, sich in Gedanken mit dem zu befassen, was noch nicht ist, was aber werden soll, was verbessert werden und gut werden soll. – Aber – es ist alles eine Frage des Gleichgewichts.
Wird das Streben nach Verbesserung zu Gier, gerät alles, was schon gut ist, in Vergessenheit und wird dann in der Folge als „nichts“ und als belanglos oder als unwichtig betrachtet, dann wird diese Fixierung auf Unzufriedenheit krankhaft. Das Streben nach Besserem wird zum Zwang, die Sorgenfalten werden tiefer und die Mundwinkel hängen mehr. Es gibt keine innere Ruhe sondern gehetztes Streben, Unzufriedenheit und eine Stimmung, aus der heraus trotz viel Mühe dann eigentlich nichts mehr geht.
Und diese schlechte Stimmung – für nichts und wieder nichts, ganz abgesehen davon – verbreitet sich in unserem Sein, in unserem Leben wie ein grauer Nebel. Man fixiert sich so auf das Schlechte, und damit meistens auch auf das Unwesentliche. Die meisten unserer Ärgernisse und Missstimmungen sind, gemessen an den Werten des Lebens, absolut belanglos. Ob der Nachbar 10 Zentimeter mehr links oder mehr rechts parkiert, ein paar Kilo mehr oder weniger auf der Waage, der Jahrgang vom Sofa und ähnliche Dinge – sie sind es eigentlich nicht wert, dass man sich mit ihnen aufhält. Entweder ändert man sie oder sie sind wie sie sind und damit auch basta.
Eine trübe oder achtlose Stimmung ist der Hinderungsgrund Nummer 1 zu jeglichem Schaffen und Erschaffen, zum Tun überhaupt, oder ganz einfach zum „Leben“. Und sie zieht, wie eine selbst erfüllende Prophezeiung, magisch mehr vom Gleichen an. So, als würde das Leben einem gerade all das zuspielen, was man an Gründen braucht, um die Stimmung zu haben oder aufrechtzuerhalten. Und man sagt sich dann „siehst Du, wegen dem und dem und dem – da kann es mir ja nicht gut gehen, das Leben ist mies“.
Bloß – die Wahrheit ist gerade andersrum. Nicht die Ereignisse machen unsere Stimmung, wir haben die Stimmung und sie macht die Ereignisse. – Also erst unzufrieden, und dann stellt sich der Grund für die Unzufriedenheit ein. Erst sauer, und dann der Ärger.
Im Buddhismus nennt man das „Prägung“. Wir tragen etwas in uns, leben es auch aus, und das spiegelt sich außen in Ereignissen und Begebenheiten, in denen wir uns finden oder die auf uns zukommen.
In den hermeneutischen Gesetzen lautet es: „Wie innen so außen, wie außen so innen“. Auch das beschreibt die Wechselwirkungen zwischen unserem Sein und dem, was uns „passiert“. Und der Ansatzpunkt liegt immer bei uns.
Über die ganze menschliche Entwicklung und Schulung des Geistes hinweg, wo man hinschaut, findet man diese Aussage.
Wenn Dich äußere Dinge leiden lassen, dann sind es nicht wirklich diese Dinge, die Dich durcheinander bringen, sondern Deine eigene Beurteilung davon. Und es ist innerhalb Deiner Macht, dieses Urteil jetzt auszulöschen. Marcus Aurelius Antonius
Das Leben ist 10 Prozent, wie Du es machst – 90 Prozent, wie Du es nimmst. Irving Berlin
In einem Vergleich mit moderner Technik kann man es auch so ausdrücken: Unsere Stimmung ist wie der Tuner bei einem Radio. Den Sender, den wir wählen, empfangen wir, aus all den hunderten von Sendern und ihren Wellen, die durch den Äther schweben – genau den, präzise und klar. Wie ein Empfänger filtern wir genau das raus, was auf uns trifft, was in uns eine Resonanz mit der eigenen Wellenlänge erzeugt, und das ist dann das, was wir Realität nennen und das ist, wie die Dinge uns erscheinen. – Bloß haben wir, im Gegensatz zum Radio, weder einen Drehknopf noch eine Digitalanzeige, um den Sender zu wechseln – es geschieht einzig und allein über unsere Stimmung.
Könnten wir also unsere Stimmung wechseln, quasi auf Knopfdruck, dann wäre das von großem Vorteil. – Dass das aber nicht so einfach ist, wissen wir. – Einfach zu denken „Jetzt will ich gut drauf sein, aber Nullkommanix“ – das funktioniert bekanntlich nicht immer perfekt.
Eine Dankbarkeitsmeditation ist zwar auch nicht gerade ein Instant-Mittel, aber, ernstlich gemacht, ist sie ein wunderbares Werkzeug, um unsere eigene Stimmung manchmal sehr dramatisch zu ändern, zu verbessern. – Und ernstlich gemacht heißt, dass man diese Dankbarkeit wirklich innen, ehrlich empfindet, sich bewusst macht, und nicht denkt „jaja, ich find jetzt schnell ein paar gute Dinge und dann geht es mir auch gut, zack zack“. Es geht nicht um ein Inventar, nicht um eine Wertliste, die zu erstellen ist, es geht auch nicht um eine Versicherungssumme oder Reichtum zählen wie Dagobert Duck (bei dem es ja bekanntlich auch nie geholfen hat) – es geht um empfinden, sich bewusst machen, neu bewusst werden oder das Bewusstsein in sich halten, wie viel im eigenen Leben gut ist. Und es geht darum, dem allem Wertschätzung entgegenzubringen. Es geht darum, diese Dinge nicht in Selbstverständlichkeit und Gewohnheit verblassen zu lassen oder zu vergessen, sondern ihnen immer wieder, jeden Tag neu, Wertschätzung entgegenzubringen. Freundschaft, gute Beziehungen werden nie wirklich selbstverständlich sondern sind jeden Tag ein Geschenk. Materielle Dinge, die wir besitzen, werden zwar mit der Zeit alltäglich, aber sie sind alle Tage da, erfüllen ihren Dienst und machen uns das Leben leichter oder angenehmer. Gute Umstände, Frieden, Nahrung, Luft zum Atmen – sie sind jeden Tag da, ermöglichen uns zu leben, an jedem einzelnen Tag.
Wenn man diese Dinge nachvollziehen kann, empfinden kann, spüren kann, selbst wenn man jetzt beim Lesen denkt „ja stimmt eigentlich“ – dann hat man gerade eine Dankbarkeitsmeditation gemacht.
Es geht ganz einfach. Man muss dazu weder auf ein Kissen sitzen noch Kopfstand machen oder sonst etwas Spezielles tun – man kann aber, wenn man das will.
Am Anfang, oder wenn es gerade besonders schwer ist, ist es gut, sich einige Minuten Zeit und Ruhe zu nehmen – egal wo und wie.
Man konzentriert sich auf sich selbst oder sammelt sich. Wenn das gerade Mühe macht, wenn Gedanken rasen oder Emotionen beben, hilft es, einige Male tief durchzuatmen und den Atem zu spüren, wie er reingeht – rausgeht – reingeht – rausgeht, tief in den Körper und dann wieder raus.
Und dann fängt man an, an etwas zu denken, das man hat, etwas Materielles oder etwas Immaterielles, etwas, das gut ist. Etwas großes oder etwas kleines – spielt keine Rolle. Man betrachtet es, verweilt einen Moment in Gedanken daran, nimmt wahr, was es für einen tut, wie es zum eigenen Leben beiträgt, und macht sich bewusst, dass das einen Wert hat. Man kann sich für einen Moment vorstellen, wie es ohne das wäre: Ohne Kaffeetasse, ohne Bett, ohne intakte Familie, ohne Freunde, ohne Sonnenschein – der Kontrast macht einem schnell bewusst, wie gut es ist, das alles zu haben.
Das macht man mit einigen Dingen – groß, klein, konkret, nur gefühlsmäßig – ganz egal, einfach Dinge, die einem einen Wert darstellen oder wo man plötzlich einen Wert darin wahrnimmt oder erneut wahrnimmt.
Und plötzlich merkt man, dass man ruhiger wird, man fängt vielleicht an, sich reich zu fühlen, man denkt, dass man aber ganz schön viel hat, vielleicht lächelt man, nur ein wenig oder ganz viel, man fängt an, Freude in sich zu spüren, und oft bekommt man auch das Gefühl, man könnte sich bei der Zahnbürste bedanken oder einem Freund wieder einmal sagen, dass man ihn wirklich mag.
Wenn sich solche Zeichen einstellen, dann ist es gut, dann kann man die Meditation beenden. Und die Stimmung, die man eben hatte, ins Leben mitnehmen. Und sollte sie aus irgend einem Grund verfliegen, dann kann man sich wieder bewusst machen, was es alles an Werten gibt und sie erneut schätzen.
Wenn es einmal ganz mies ist, hilft es, wenn man die Dinge nicht nur geistig betrachtet, sondern wenn man sie auf ein Blatt Papier schreibt. 20 Dinge, für die ich dankbar bin. Bei Nummer 15 ist die Welt meist schon ein Stück besser.
Es lohnt sich, diese Meditation am Morgen zu machen. Die Stimmung prägt dann den Tag. Mit der Zeit wird man so geübt darin, die Gedanken zu konzentrieren und die Wertschätzung wirklich zu empfinden, von innen heraus, dass man es gut mit Zähneputzen oder Duschen oder sonst etwas kombinieren kann. Wenn man nicht so geübt ist, muss man vielleicht ein paar Extra-Minuten nehmen.
Es ist simpel, scheint vielleicht zu simpel. Aber in dieser Einfachheit liegt mehr Kraft, als man auf den ersten Blick meint – Kraft, die über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende Menschen immer wieder beseelt und inspiriert hat.
Einfach mal Probieren. Euer Haus der Balance